Die einen haben es scheinbar in die Wiege gelegt bekommen, den anderen fällt der perfekte Konter immer erst abends im Bett ein, wenn das Argument schon längst vorbei ist. Dabei kommt es bei Schlagfertigkeit gar nicht immer auf den passenden Spruch in der richtigen Sekunde an, sondern vielmehr auf unsere innere Haltung sowie ein wenig Übung, denn Schlagfertigkeit kann erlernt werden! Doch wo hört eine gewitzte Konterfertigkeit auf und wo fängt Überheblichkeit an?
Sicherlich waren wir alle schon mindestens einmal in einer Situation, in der uns ein souveräner Konter gefehlt hat und wir stattdessen ziemlich baff herumgedruckst haben und uns reichlich unoriginell vorgekommen sind. Noch ärgerlicher ist es, wenn uns Stunden später endlich der passende Spruch einfällt, den aber dann auch niemand mehr hören will. Wie kann es sein, dass manche Kolleg:innen scheinbar zu jeder Tageszeit eine clevere Antwort parat haben, während andere schon bei der kleinsten Bemerkung rot anlaufen und gar keinen Ton mehr herausbekommen? Immerhin eine gute Nachricht gibt es: Schlagfertigkeit hat nichts mit unserem Intelligenzquotienten zu tun, sondern ergibt sich aus der inneren Einstellung gepaart mit ein wenig Übung.
Wie kann man Schlagfertigkeit erlernen?
Bevor man sich in hitzige Wortgefechte stürzt und am Ende als neunmalkluger Fanatiker abgestempelt wird, muss man sich erst einmal bewusst machen, worauf echte Schlagfertigkeit eigentlich beruht – nämlich einem möglichst vielfältigen Sprachwortschatz. Nur wer ein ausgeprägtes Repertoire an Sprüchen und intelligenten Kontern zur Verfügung hat, kann diese auch im richtigen Augenblick abrufen und zum eigenen Vorteil verwenden. Gleichzeitig braucht es jedoch auch ein gewisses Maß an Mut, Argumentationsfähigkeit sowie Humor, um eine provokante Bemerkung treffsicher parieren zu können, ohne den Gegenüber dabei unter die Gürtellinie zu treffen. Nichts lässt einen souveräner wirken, als auch mal über sich selbst lachen zu können, anstatt alles direkt persönlich zu nehmen.
Das wichtigste beim Erlernen von Schlagfertigkeit ist es, den natürlichen Rechtfertigungsreflex zu überwinden. Bekommen wir Kritik zu hören, reagieren wir häufig defensiv und wollen unsere Entscheidungen oder Aufgaben impulsiv verteidigen. Schlagfertig ist daran allerdings gar nichts und unser Gegenüber merkt schnell, wenn wir in die Enge getrieben wurden. Besonders bei provokant angehauchten Scherzen über etwas, das wir getan haben, lässt sich mit einem ebenso gewitzten Konter mehr erreichen als mit einer intuitiven Rechtfertigung unseres Verhaltens.
Welche Methoden sind besonders effektiv, wenn ich schlagfertig reagieren möchte?
1. Bloß nicht stumm stellen
Irgendetwas zu sagen ist besser als gar nichts zu sagen! Solltest Du mal wieder in einer Situation stecken, in der Dir einfach keine wortgewandte Antwort in den Kopf kommt, die es auch nur ansatzweise auf das Ironielevel Deines Gesprächspartners schafft, solltest Du dennoch nicht komplett verstummen. Einfache Erwiderungen wie „Dazu fällt mir gerade nichts ein“ oder „Ich bin mir nicht sicher, worauf Du hinauswillst“ spielen den Ball geschickt zurück zu Deinem Gegenüber und fordern ihn oder sie auf, ihre Aussagen zu erklären. Auf diese Weise gewinnst Du wieder ein Stück Sicherheit und bekommst noch einen Augenblick Zeit, um über Deine nächsten Worte nachzudenken.
2. Dolmetscher spielen
Bei der „Übersetzungs-Taktik“ geht es darum, dem Gesprächspartner zwar recht zu geben, aber dessen Aussagen gleichzeitig zu eigenen Gunsten umzudeuten. So wäre dieser gezwungen, seine Kritik nochmal zu wiederholen sowie genauer zu erläutern, wodurch sich die Argumentation automatisch auf eine sachlichere Ebene verlagert. Ein gutes Beispiel für eine Dolmetscher-Antwort wäre beispielweise auf den Vorwurf „Du bist so engstirnig!“ mit „Wenn Du damit meinst, dass ich mit meiner Arbeit die Interessen und Ziele unseres Unternehmens kompromisslos verfolge, dann hast Du vollkommen recht!“ zu reagieren.
3. Der „Ja“-Sager
Nichts bringt Deinen Konversationspartner mehr aus dem Gleichgewicht, als wenn er plötzlich Zustimmung zu seinen herausfordernden Äußerungen erlangt. In den meisten Fällen rechnen Menschen bei Unterstellungen (egal, ob begründet oder nicht) mit Widerspruch oder gar Rechtfertigungen. Wenn Du hingegen einfach mal mit „Ja, damit musst Du klarkommen“ antwortest, wenn Dich jemand fragt, ob Dein Schreibtisch immer so unaufgeräumt aussieht, kann diese überraschende Zustimmung Deinem Herausforderer schnell den Wind aus den Segeln nehmen.
4. Angriff ist die beste Verteidigung – die Gegenfrage
Besonders, wenn Du gerade erst damit anfängst, Deine Schlagfertigkeit auszubauen und noch kein Meister der Kontersprüche bist, bieten Dir Gegenfragen eine gute Möglichkeit, Deinen Gegenüber zum Nachdenken und somit von seinem ursprünglichen Kurs abzubringen. Sicherlich wirst Du mit dieser Methode nicht als „Sieger:in“ aus der Diskussion hinausgehen, zeigst aber auch, dass Du Dich nicht so schnell in die Ecke treiben lässt und ganz gewiss nicht auf den Mund gefallen bist. Wenn Dir also beispielsweise jemand vorwirft, überhaupt keinen Überblick mehr über die essentiellen To-Dos zu haben, frag‘ doch einfach mal nach, wie jemand, der den Durchblick hat, die Aufgaben am besten angehen würde.
5. Verwirrung stiften
Wenn wirklich alle Stricke reißen und es schlichtweg keinen Sinn mehr macht, die Diskussion mit Deinem Kontrahenten weiterzuführen, lässt sich die Situation am besten dadurch retten, dass Du für allgemeine Verwirrung sorgst. Am einfachsten geht das mit einem sogenannten Nonsense-Sprichwort, das weder etwas aussagt noch im Kontext zu Eurer Argumentation steht. Eine ernste Miene aufsetzen, bedeutungsvoll nicken und langsam sprechend „Geisterfahrer sind wahnsinnig entgegenkommend“ in den Raum stellen, bringt vermutlich jeden aus dem Streit-Konzept – und sorgt im besten Fall noch für einen Lacher, der die ganze Situation entschärft.
Fazit: Das richtige Maß an Schlagfertigkeit kann dazu beitragen, dass Du in Deinem Job souveräner wahrgenommen wirst und auch bei verbalen Sticheleien kompetent reagieren kannst. Als goldene Regel gilt jedoch: Bleib ruhig und sei Dir Deines Umfeldes bewusst, Du sprichst hier nicht im Kreis Deiner Freunde, sondern in beruflichem Kontext mit Vorgesetzten und Kolleg:innen. Dementsprechend professionell solltest Du Dich auch verhalten und Deine Wortwahl an die jeweilige Situation anpassen.