Dicke Akten, Unmengen an Papierkram und genervte Mandantschaft. Home-Office war den Anwälten und Anwältinnen der durch Präsenzkultur geprägten Branche bis vor der Pandemie noch ein großes Rätsel. Seitdem sich der Corona Virus aber auch in Deutschland ausgebreitet und uns alle mit einem Lächeln ins Heimbüro befördert hat, mussten auch unsere Juristen und Juristinnen den Gedanken fassen, wie Sie Ihre Mandanten und Mandantinnen von Zuhause die Rechtsdienstleistungen in voller Qualität anbieten können.
Auch wenn uns die pandemiebedingte Home-Office-Pflicht in Sachen Zwangsdigitalisierung in die Karten gespielt hat, hängen vor allem die Kanzleien immer noch hinterher. Ist es der fehlende Wille, sich von den gewohnten Ordnern zu lösen oder doch die Angst vor Kundenverlust durch die unpersönlichen Züge der automatisierten Prozesse? Was auch immer es sein mag, wir zeigen Ihnen, was nötig ist, um das Home-Office auch in der Kanzleiwelt ohne Qualitätsverlust zu etablieren und welche Vorteile (oder Nachteile) sich hinter digitaler juristischer Arbeit verstecken.
Was muss erfüllt sein?
Total digital
Dicke Aktenordner vom Büro nach Hause schleppen, nur um morgen im Home-Office die passende Urkunde nicht zu finden? Nein, danke. Viele Unterlagen in Kanzleien sind immer noch auf Papier gedruckt und bis sich das Gerichtswesen vollständig dagegen entscheidet, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Um die Arbeit von Zuhause möglich zu machen, muss der Papierkram aber auf jeden Fall durch digitalisierte Dokumente ersetzt werden. Deswegen legen einige Kanzleien jetzt vor. Cloudserver für Dokumenten-Sharing, auf die jeder befugte zugreifen kann, automatisierte Beratungsprozesse, Smart Contracts oder digitalisierte Mandantenakten. All das sind Schritte weg vom klassischen Büro in Richtung Heimkanzlei.
Hände hoch – Datenschutz
Aktenordner in den Safe! Aber wohin mit den gerade angesprochenen digitalen Dateien? Die sind nämlich viel leichter und schneller verfügbar als klassische, analoge Dokumente und im Home-Office zusätzlich der direkten Kontrolle durch den des Arbeitgebenden entzogen. Was bedeutet das also? Dadurch, dass Daten, die in Kanzleien verarbeitetet und aufbewahrt werden, extrem vertraulich sind, müssen Arbeitgebende für entsprechende Sicherung durch spezielle Datenschutzserver sorgen. Diese verschlüsseln die Daten und sichern die Übertragungswege. Außerdem sollten Arbeitnehmende zusätzlich zum Arbeitsvertrag eine „Home-Office-Vereinbarung“ zur Ergänzung der Datenschutzbestimmungen unterschreiben und eine entsprechende Aufklärung und Sensibilisierung zu technischen und organisatorischen Maßnahmen erhalten.
Falls es doch mal Papierunterlagen für Zuhause gibt, sollten diese ebenfalls in abschließbaren Schubladen verstaut und nicht auf dem Küchentisch abgelegt werden.
Technisch realisierbar?
Schwer wird es, wenn Mitarbeitende Ihre Kanzleiarbeit Zuhause mit der Schreibmaschine von Oma erledigen müssen. Da hilft nur eins, investieren. Jeder, der von Zuhause seiner Arbeit nachgeht, muss selbstverständlich mit den entsprechenden technischen Mitteln ausgestattet werden. Dazu gehören VPN-Zugänge für sicheres Surfen im Internet, video- und sprachanruffähige Laptops für Meetings, Konferenzen und Kundenanrufe sowie Remote-Access Anwendungen, die erlauben gemütlich von der Couch aus auf die Computer der Kollegen oder die Kanzleirechner zuzugreifen.
Die Vor- und Nachteile digitaler juristischer Arbeit
Vorteile
Das Schlagwort ist Legal Tech. Während 2015 viele Unternehmen bankrott gingen, sind die Digitalisierungssoftwares heute am Boomen. Virtuelle Datenräume für Verträge, Software zur Betrugserkennung, beispielsweise bei falschen Zahlungsanfragen, automatisierte Information über Gesetz-Updates, um sich die Zeit zu sparen, langweilige Newsletter zu lesen und Programme für Legal Spend Analytics um zu sehen, welches Geld aus der Kanzlei wohin fließt. Die Digitalisierung der Kanzleien geht einen riesigen Schritt in die richtige Richtung, doch wo liegen die Mankos?
Nachteile
Neben „kleinen“ Nachteilen wie schlechte Verbindung bei Videoanrufen oder Meetings gibt es vor allem einen Mangel, der Juristen und Juristinnen zum Nachdenken bringt. Durch den Trend der digitalen Arbeit gibt es inzwischen automatisierte Beratungstools, um den Anwälten und Anwältinnen Zeit für wichtigere Dinge einzusparen. Durch diese unpersönliche und weniger aufwendige, dennoch kompetente Beratung wird eine sinkende Zahlungsbereitschaft der Mandantschaft erwartet.
Fazit: Die weltweite Pandemie hat die Kanzleidigitalisierung revolutioniert. Erst durch das erzwungene Home-Office haben sich viele Kanzleien den Schritt in die (richtige) Richtung der Heimkanzlei getraut. Inzwischen gibt es nicht nur viele neue Anbietende für Legal Tech Software und kanzleibezogene Sicherheitsprogramme, sondern wird den Rechts- und Patentanwaltsfachangestellten auch eine flexible Möglichkeit zum Büroalltag geboten.