Ihre Kolleg:innen haben sich innerlich schon längst mit ihrem Schicksal abgefunden und arbeiten gefühlt nur noch die letzten paar Jahre bis zur Rente ab. Tagein, tagaus dieselbe Routine, die gleichen Aufgaben wie seit Jahren und irgendwie ist bei Ihnen so langsam die Luft raus. Aber soll es das wirklich gewesen sein? Können Sie sich damit abfinden, Ihre letzten Arbeitsjahre zwischen Pflichtgefühl und Langeweile zu verbringen oder könnte sich eventuell hinter einem neuen Job nochmal ein Neustart verstecken?
„Wer über 50 noch den Job wechseln möchte, hat es schwer“ – so heißt es zumindest meistens. Viele Arbeitgebende wollen lieber jüngerer Mitarbeitende, die man noch schön nach den eigenen Vorstellungen und Vorgaben des Unternehmens formen kann. Wozu noch einen alten Hasen einstellen, der sowieso in den nächsten Jahren in den Ruhestand geht? Bei dem muss doch irgendetwas schiefgelaufen sein, sonst wechselt doch mit Mitte 50 niemand mehr seinen sicheren Job.
Getratsche wie dieses müssen Sie sich sicherlich auch anhören, sollten Sie in Ihrem Bekanntenkreis oder vor den Kolleg:innen von Ihren Plänen erzählen. Dabei unterscheiden sich die Gründe für einen Jobwechsel mit 50 doch kaum von denen mit 20 oder 40. Vielleicht möchten Sie einfach noch diesen zusätzlichen Karriereschritt gehen, der Ihnen an Ihrem jetzigen Arbeitsplatz verwehrt bleibt oder vielleicht entpuppt sich auch der einstige Traumjob so langsam als Albtraum. Vielleicht sind auch einfach die digitalen Strukturen Ihres Jobs älter als die Kirche im Dorf, Sie aber fühlen sich digital fit und up-to-date und möchten nicht den Anschluss an die Digitalisierung verlieren. Was auch immer Sie zu Ihrer Entscheidung gebracht hat, es ist nie zu spät, sich weiterzuentwickeln!
Wo drückt der Schuh?
Langanhaltende Unzufriedenheit
Dass es in jedem Job mal bessere und mal schlechtere Phasen gibt, ist nichts Neues. Sollten die schlechten Tage allerdings deutlich überwiegen (und das auch nicht erst seit Kurzem), sodass man schon gar nicht mehr ohne mulmiges Gefühl zur Arbeit gehen kann, muss eine Veränderung her. Viele Menschen stecken ihr Unwohlsein einfach weg, vor allem wenn sie wissen, dass es wohl ihr letzter Job sein wird und sie „nur noch ein paar Jahre durchstehen“ müssen. Diese dauerhafte Unzufriedenheit kann sich allerdings auch schädlich auf unsere mentale sowie körperliche Gesundheit auswirken und sollte daher nicht einfach mit einem Achselzucken und einem „Naja, so ist es halt“ abgetan werden.
Veränderte Erwartungshaltung
Was uns anfangs noch gut in den Kram gepasst hat, kann jetzt der größte Störfaktor sein. So können die ewigen Überstunden, die Ihnen früher nichts ausgemacht haben und somit zur Gewohnheit geworden sind, jetzt eine Belastung darstellen, die Sie einfach nicht mehr stemmen wollen. Oder aber Sie haben neben Ihrem Job neue Prioritäten gefunden, denen Sie mehr Zeit widmen möchten und hätten daher lieber nur noch eine Halbtagsstelle. So wie sich unsere Erwartungen und Prinzipien im Laufe des Lebens verändern, verändern sich auch unsere Haltung zu Arbeit und Privatleben, wodurch sich der Wunsch nach einem besser darauf abgestimmten Job ergibt.
Neue Herausforderungen
Die einen möchten es mit zunehmenden Lebensjahren ruhiger angehen, die anderen jagen noch immer einer Herausforderung nach der anderen hinterher. Wer mit 50 beschließt, dass es nochmal Zeit für einen Karrieresprung wird, ist damit alles andere als spät dran! Schließlich stehen Ihnen noch mindestens 15 Jahre bis zur Rente bevor, warum also nicht nochmal etwas wagen? Wenn Ihr aktueller Arbeitgebender Ihnen diese Chance nicht ermöglicht, sollten Sie Ihr Glück woanders versuchen – die Erfahrung und Willensstärke haben Sie zur Genüge.
Kann ein Jobwechsel mit über 50 also tatsächlich klappen?
Ganz klare Antwort: Ja! Entscheidend ist dabei nämlich nicht Ihr Alter, sondern Ihre Einstellung sowie Ihre Motivation. Im Normalfall haben Sie bereits mindestens 25 Jahre Berufserfahrung sammeln können, den ein oder anderen Berufswechsel hinter sich und den großen Vorteil, dass Sie wissen, was Sie wollen.
Zusätzlich konnten Sie allerlei Erfahrungen mit jeglichen Technologien, Betriebssystemen und vor allem digitalen Umschwüngen sammeln, von denen jüngere Mitstreitende nur träumen können.
Aufgrund Ihrer langjährigen Berufserfahrung konnten Sie sicherlich einige interessante Menschen aus unterschiedlichen Bereichen kennenlernen und Ihrem beruflichen Netzwerk hinzufügen. Nun können Sie von diesem „verdeckten“ Stellenmarkt profitieren und sich auch unabhängig von ausgeschriebenen Stellen umsehen.
Das wichtigste ist also, dass Sie sich nicht hinter Ihrem Alter verstecken und sich somit selbst den Weg verbauen. Legen Sie den Fokus lieber auf Ihre Persönlichkeit sowie Ihre Motivation. Denn selbst, wenn Sie aufgrund Ihrer Leidenschaft mit den jüngeren Generationen mithalten können, hat sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren doch stark gewandelt, sodass gerade der technologische Fortschritt eine Herausforderung darstellen kann, der Sie gewachsen sein müssen. Aber auch die Arbeitsweisen und -einstellungen haben sich verändert, der typische 9-to-5-Bürojob ist nicht mehr das Maß aller Dinge und wer nach starren Hierarchien sucht, ist damit mittlerweile auch schlecht gefahren.
Wie gelingt mir also mein Jobwechsel?
Das Ziel vor Augen haben
Als erstes müssen Sie sich ein Ziel setzen, dass Sie mit Ihrem Jobwechsel erreichen möchten. Eine neue Gehaltsstufe? Weniger Arbeitsstunden? Ein flexibleres Arbeitsumfeld? Was es auch sein mag, Ihre Jobsuche sollte sich darauf konzentrieren und dementsprechend gründlich vorbereitet werden. Insbesondere bei einem angestrebten Quereinstieg sollten Sie im Vorfeld Ihre Möglichkeiten gut abwägen, um herauszufinden, ob überhaupt die Chance auf eine Anstellung besteht.
Lebenslauf in Schuss bringen
Gerade, wer die letzten Jahre oder Jahrzehnte im gleichen Job verbracht hat, sollte sich vor dem Verschicken der ersten Bewerbungen dringend nochmal um den eigenen Lebenslauf kümmern. Außer der inhaltlichen Ergänzungen haben sich nämlich auch die designtechnischen Anforderungen an attraktive Lebensläufe mit der Zeit verändert, sodass die klassische Auflistung aller Stationen im Leben nicht mehr ansprechend genug ist. Investieren Sie also ruhig ein wenig Zeit in Ihre neue Visitenkarte und denken Sie daran – der erste Eindruck zählt besonders.
Lernen, lernen, lernen
Dass Sie Ihren jetzigen Job gut machen und Ihre Kompetenzen auch im neuen Job einbringen können, bezweifelt niemand. Wenn Sie jedoch einen kompletten Quereinstieg planen oder Ihnen gesagt wird, mit welchen neuen Systemen Sie arbeiten werden, ist es ratsam, einen entsprechenden Weiterbildungskurs zu belegen. Zum einen zeugt das von Ihrer Motivation und kommt im Bewerbungsgespräch gut an, zum anderen starten Sie so (gerade was für Sie neue Software angeht) mit dem nötigen Vorwissen und müssen nicht bei Null beginnen.
Selbstbewusst durchstarten
Wenn Sie nun zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden, kommt es ganz auf Ihr Selbstbewusstsein an. Scheuen Sie sich nicht, Ihre bisherigen Erfolge zu kommunizieren und verstecken Sie sich nicht hinter Ihrem Alter. Je weniger Betonung Sie darauf legen, desto mehr werden auch Ihre potentiellen neuen Vorgesetzten stattdessen auf Ihre Kompetenzen und Erfahrungen achten, sodass Sie sich gegenüber jungen, unerfahrenen Bewerbenden einen Vorteil verschaffen können.
Fazit: So beklemmend der erste Gedanke an einen Jobwechsel mit 50plus auch sein mag, so befreiend ist das Gefühl, über sich hinauszuwachsen und diesen Schritt zu wagen. Sicherlich wird es nicht so einfach sein wie mit Anfang 20, andererseits haben Sie aber auch viel mehr zu bieten als jemand, der frisch aus der Ausbildung kommt. Es liegt also ganz bei Ihnen, ob Sie noch 15 Jahre unzufrieden vor sich hinarbeiten möchten oder ob Sie über Ihren eigenen Schatten springen und sich der Herausforderung stellen möchten – Ihr Alter ist dabei nur eine Nebensächlichkeit.
VIEL ERFOLG!