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Austauschkultur oder Gesprächszwang – was bringt mir mein Mitarbeitergespräch eigentlich wirklich?

Montagmorgen. Sie kommen in die Arbeit und öffnen Ihr Postfach, wo Sie bereits eine E-Mail von Ihren Vorgesetzten empfängt: das alljährliche Mitarbeitergespräch steht wieder an! Während den Einen sofort das Herz in die Hose rutscht, freuen sich die Anderen darauf, ihrer Führungskraft endlich wieder ihre Anliegen erläutern zu können. Aber ist das wirklich der Sinn eines Mitarbeitergesprächs? Was für eine Kommunikationskultur herrscht wohl allgemein in einem Unternehmen, das pro Jahr und Mitarbeiter an nur einem Termin ein offenes Ohr für seine Angestellten hat? Welchen Sinn Mitarbeitergespräche heute noch haben und wie sowohl Mitarbeitende als auch Vorgesetzte am meisten davon profitieren, erfahren Sie hier.


Traditionell läuft es doch so ab: die Personalabteilung schickt den Abteilungs- oder Teamleitern eine Erinnerung, dass es wieder Zeit für ein Mitarbeitergespräch wird, schließlich zählt es doch zu den vielversprechendsten Führungsinstrumenten. Daraufhin fühlt sich Ihre Führungskraft dazu verpflichtet, Sie zum Gespräch zu bitten, während Sie sich fragen, ob Ihr Chef Sie denn so wenig schätzt, dass es einen vom HR verordneten Termin braucht, um endlich mit Ihnen über Ihre Leistungen und Ziele zu sprechen.


Folglich stellt sich die Frage, ob eine das ganze Jahr über offene und vertrauensvolle Austauschkultur zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten das erzwungene Mitarbeitergespräch nicht vielleicht ersetzen könnte?


Natürlich bietet dieses festgelegte Gespräch beiden Parteien die optimale Möglichkeit (meist unter vier Augen), den zwischenmenschlichen Kontakt zu stärken und Themen anzusprechen, die nicht mal eben in der Kaffeepause besprochen werden möchten. So erschließen sich Ihrer Führungskraft vielleicht Dynamiken in Ihrem Team, die er oder sie anders gar nicht hätte wahrnehmen können. Gleichzeitig gibt das private Gespräch Ihnen das Gefühl, dass Ihre Arbeit wertgeschätzt wird und man sich Zeit für Ihre Belange nimmt. So der Idealfall.

In den meisten mittelständischen Unternehmen ist es jedoch eher so, dass Ihr Chef oder Ihre Chefin (aber seien wir mal ehrlich, 2020 waren nur knapp 17 Prozent der mittelständischen Führungskräfte weiblich), mit einem fertigen Leitfaden zu Ihrem Mitarbeitergespräch erscheint. Häufig stehen dabei die folgenden Themen im Vordergrund:


  • Die Reflexion des vergangenen Jahres (Eine schöne Umschreibung für Ihre Erfolge und Misserfolge)

  • Die Zielvereinbarung für das kommende Jahr (Haben Sie eigene Ziele, die Sie erreichen wollen? Welche Ziele werden Ihnen vom Unternehmen vorgegeben?)

  • Ihre Entwicklungsperspektiven (Kommt vielleicht eine Gehaltserhöhung oder Beförderung in Frage? Gibt es Weiterbildungen, die Sie machen können/wollen/müssen?)

  • Das Abbild Ihrer Arbeitssituation (Fühlen Sie sich wohl in Ihrem Arbeitsumfeld? Kommen Sie gut mit Ihren Kollegen zurecht?)

  • Das 180 Grad Feedback (Hier dürfen Sie Ihre Führungskraft beurteilen, Kritik anbringen oder Vorschläge unterbreiten)


An sich alles wichtige Themen, die zur Jobzufriedenheit des Mitarbeitenden beitragen und daher definitiv in gewissen Abständen angesprochen werden sollten. Aus diesem Grund ist die richtige Nachbereitung eines Mitarbeitergespräch fast noch wichtiger als die Vorbereitung. Denn was geschieht, wenn danach nichts geschieht? Wenn das Gespräch tatsächlich nur der Aufforderung des HR entspringt und Ihr Chef gefühlt nur seine Checkboxen abhaken und der Personalabteilung das Fazit übermitteln will, wird sich für Sie kaum etwas ändern. Klar, Ihre neuen Ziele sind definiert und Sie wissen, was bis zum nächsten Jahr von Ihnen erwartet wird, aber hatte das Gespräch einen wirklichen Mehrwert für Sie, wenn Sie die nächsten 365 Tage kein Wort mehr darüber verlieren? Wohl kaum.


Gerade deshalb ist eine konstante Austauschkultur in Unternehmen so essentiell. Dementsprechend geht es darum, eine kontinuierliche und konstruktive Kommunikation auf der Grundlage von Vertrauen und Respekt zu fördern, nicht einen isolierten, erzwungenen und streng kontrollierten Dialog. Insbesondere die jüngeren Generationen Y und Z schätzen es sehr, wenn ihr Vorgesetzter sich regelmäßig Zeit für sie nimmt und ein offenes Ohr für ihre Anliegen hat. Im Gegenzug steigt ihre Jobzufriedenheit und einhergehend auch die Bereitschaft, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und zum Botschafter nach außen zu werden.


Welche Möglichkeiten gibt es also, eine gelungene Gesprächskultur zu etablieren?


Je nach Anlass sind unterschiedliche Arten von Gesprächen erforderlich, um den bestmöglichen Outcome zu garantieren.

  • Spontanes Feedback: Entsteht meist aus einer Situation heraus und ist daher sehr flexibel anwendbar.

  • Feedback aufgrund eines Anlasses: Kommt zum Beispiel durch Erfolge wie einen Projektabschluss oder bei Status Quo Besprechungen zustande.

  • Wiederkehrendes Feedback: In regelmäßigen Abständen stattfindende Gespräche.

Dank moderne Unternehmenskulturen und immer flacher werdenden Hierarchien sind Vorgesetzten kaum Grenzen in der Gestaltung der Feedback-Gespräche gesetzt. Warum also nicht einmal im Monat ein Mitarbeiterfrühstück organisieren oder die Mitarbeitenden zu einer Kaffee-und-Kuchen-Runde einladen? Das stärkt zum einen das Teamgefühl unter den Mitarbeitenden und ermöglicht es zum anderen auch den Vorgesetzten, in einer entspannten Atmosphäre Konversation mit ihren Angestellten zu führen.


Fazit: Je aufgezwungener und steifer ein Mitarbeitergespräch abläuft, desto weniger profitieren Vorgesetzte sowie Mitarbeitende daraus. Ob und in welchem Rhythmus der Austausch zwischen den Parteien nötig ist, hängt von der Unternehmenskultur und den Möglichkeiten, den Chef auch außerhalb festgesetzter Rahmenbedingungen zu erreichen, ab. Drei Dinge sind jedoch bei jeder Form des Austauschs der Schlüssel zum Erfolg: Zuhören, Verstehen, Respektieren.

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